Kunst überall

... überrascht an erstaunlichsten Orten, in unbewussten Momenten, ungedacht, ahnungslos, beflügelnd.

Designelemente in blau
Im ICARO inspiriert die Kunst. Das mag wohl an der großen Liebe der Gastgeber zum Zeitgenössischen liegen: Kunstwerke finden in den rohen Wänden der unterirdischen Garage Zuflucht, betten sich in Swimming-Pool-Gemäuer und blicken aus Suiten. Seine Spuren hat im neuen ICARO auch Hubert Kostner, der Mann von Angelika Sattler, hinterlassen. Mit seinen künstlerischen Einmischungen im gesamten Haus erweitert er die Wahrnehmung von Landschaft und den Umgang mit ihr. Neben seinen Arbeiten „Spuren im Schnee“ und „Posta prioritaria“ sind außerdem „Clouds“ von Philipp Messner und „Feathers“ von Roland Senoner in den gleichnamigen Suiten zu finden. Im ICARO begegnet man nicht nur den Bergen und der Natur, sondern auch der Kunst, der Architektur, dem Genuss, der Muße und sich selbst.
C'era von Hubert Kostner
Hubert Kostner
Polychromos-Intarsie Christophorus
2020
Tiefgarage

Hubert Kostner abstrahiert kommerzielle Holzschnitzereien durch konzeptionelle Schnitte und rückt dadurch die Holzschnitzerei aus dem Grödnertal in den zeitgenössischen Kunstkontext. Upcycling nennt er diese Verwandlung durch „einen essenziellen Akt der Bildhauerei“ – dem Wegnehmen von Materie. Den Schnitt eines Christophorus-Hochreliefs ließ Kostner direkt in die Wandschalungen eingelegen und mit Beton eingießen. Mit Holzbuntstiften der Marke Polychromos, Namensgeber sowie plastisches Vorbild für den Aufbau der Skulptur, wurde der Schnitt anschließend bemalt.
Polychromos-Intarsie Christophorus von Hubert Kostner
Posta Prioritaria von Herbert Kostner
Hubert Kostner
Posta Prioritaria
2004
Suite Posta Prioritaria
 
Die Tourismusbranche bewirbt die idyllischen Panoramamotive durch auflagenstarke Plakate, Prospekte und Postkarten, damit sie schließlich von den Touristen konsumiert und zigfach als Andenken aufs Foto gebannt werden. In seinen kleinformatigen plastischen Arbeiten spürt Hubert Kostner den auf den Postkarten platt gedrückten Idyllen nach, auf der Suche nach der verlorenen räumlichen Dimension.
[Text: Marion Piffer Damiani, Präsidentin der Museion Foundation]
Spuren im Schnee
Hubert Kostner
Spuren im Schnee
2015
Suite Spuren im Schnee 

Im alpinen Winter sind die Berghänge schneebedeckt, aber nicht unberührt, denn die Abhänge durchzieht ein dichtes Netz aus Linien, Fährten und Spuren – Zeichen, welche Skifahrer*innen in die Natur gedrückt haben. Hubert Kostner zieht die Spuren der Skifahrer in schwarzem Polyethylen über die Leinwand, ein Kunststoffmaterial, das unter anderem als geschwindigkeitsfördernder Skibelag genutzt wird. Während der Ausstellung „Konzeptmontage“ im Museion in Bozen waren die „Spuren im Schnee“ auch in den beiden Seilbahnkabinen der Schnalser Seilbahn am Kabinenoberboden zu sehen.
CLOUDS von Philipp Messner
Philipp Messner
CLOUDS
2016
Suite Clouds

Für CLOUDS, einer performativen Installation, transferierte Philipp Messner Schneekanonen über den Zeitraum von gut einem Monat in den Münchner Stadtraum. Durch die Beigabe von Farbe erzeugten sie kolorierten Kunstschnee und bildeten über die Zeit ein malerisches, begehbares Feld aus kristallinen Farbschichten. Das Projekt beschäftigt sich mit den Vorstellungen von Künstlichkeit und Realität und dekonstruiert, was als (natürliche) Umwelt wahrgenommen wird. Eine fotografische Serie (je 34 x 23 cm) hält das temporäre Kunstwerk in der Zeit fest.
Suite Feathers mit Balkon
Roland Senoner
Feathers
2020
Suite Feathers

Roland Senoner taucht eine ganze Wand in die griechische Mythologie und verweist auf den Namensgeber dieses Hauses: Aus dem Labyrinth des Minotaurus fliehen Dädalus und sein Sohn Ikarus mit selbstgebauten Flügeln, zwei Federn lösen sich aus dem Nest Richtung Himmel, der übermütige Ikarus steigt zu nah an die Sonne und stürzt ab. Senoners Federn ziehen hinaus aus dem Raum und werden im Himmel zur Lust am Fliegen und zu buntem Denken. Das Nest als schöpferische Lebensquelle gravierte und malte der Künstler direkt in und an die Wand.
Hubert Kostner
Sasmujel
2019
Foto: Helmut Rier
Speisesaal

Auf einer Höhe von 2.400 Metern, nur zu Fuß erreichbar, war die temporäre Skulptur „Sasmujel“ 2019 eine Hommage an die Erstbesteigung des Langkofel 150 Jahre vorher. Mit insgesamt 10.500 Metern Kletterseil – teilweise neu, teilweise gebraucht – umwickelte Hubert Kostner den mächtigen Felsbrocken (4 x 5x 6 m ca.). Der Berg, wie er den Menschen „fesselt“, wird vom Künstler zurückgefesselt. Seile als wichtigstes Hilfsmittel von Alpinist*innen und als soziale Komponente einer Seilschaft lösen die ursprünglich harte und raue Oberfläche des Steins auf. Eine zweite Haut macht den kantigen Solitär zum „weichen Stein“ – „Sasmujel“ auf Ladinisch.
Simone Eißrich
Über den Dingen
2022
Außenbereich

Drei Findlinge aus der Seiser Gegend ruhen auf ebenso vielen Podesten und erhaschen dadurch einen neuen Blick auf die Welt. Dieser Akt der Entfremdung stellt sie in einen neuen Kontext und verhilft ihnen zu ungeahnter Aufmerksamkeit, wo sie doch die meiste Zeit ihres „Lebens“ –Jahrmillionen – am Boden verbringen. Bob Dylan verwendet die Metapher des Rolling Stone, um die Einsamkeit all jener zu beschreiben, die auf sich allein gestellt durch die Welt poltern. Nicht umsonst lautet die italienische Übersetzung für Findling „pietra erratica“, umherirrender Stein. Hier kommen sie in einer Dreiergruppe zusammen, erhalten Gesellschaft und werden Teil der gelebten Umgebung.
[Text: Adina Guarnieri, Kuratorin]